Direkt zum Hauptbereich

BSG aktuell: keine vollständige Anrechnung von Überbrückungsgeld bei SGB II - Empfänger im Monat der Haftentlassung



Entgegen der Ansicht des Klägers bewirkt § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der seit dem 01.04.2011 geltenden Fassung, dass ein Alg II-Antrag grundsätzlich auf den Monatsersten des betreffenden Monats zurückwirkt und die in diesem Monat anfallenden Einnahmen auch vor Antragstellung nicht als Vermögen, sondern als Einkommen anzusehen sind.
Andererseits ist zu beachten, dass die als Einkommen zu berücksichtigende einmalige Einnahme Überbrückungsgeld nach § 51 Abs. 1 StVollzG den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll und damit einer öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung unterliegt (§ 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II). Es war daher nur für die Zeit vom 13.06. bis zum 10.07.2012 als Einkommen zu berücksichtigen, so dass sich die tenorierten Nachzahlungen ergeben.

Sachverhalt:
Streitig ist die Höhe des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengeldes II für den Zeitraum von Juni bis November 2012 unter Berücksichtigung von Überbrückungsgeld in Höhe von 1.335,22 Euro, das ihm am Tag seiner Entlassung aus der Strafhaft am 12.06.2012 ausgezahlt worden ist. Das beklagte Jobcenter berücksichtigte das Überbrückungsgeld auf den am 14.06.2012 gestellten Antrag des Klägers in voller Höhe als einmalige Einnahme verteilt auf einen Zeitraum von sechs Monaten und bewilligte ihm ausgehend davon für die Zeit vom 12.06.2012 bis 30.11.2012 Arbeitslosengeldes II in entsprechender Höhe unter Einschluss der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Der Antrag des Klägers auf Arbeitslosengeldes II wirke auf den 01.06.2012 zurück. Da er sich bis zum 12.06.2012 in Haft befunden habe, habe er gemäß § 7 Abs. 4 SGB II ab dem 12.06.2012 einen Leistungsanspruch, weshalb das an diesem Tag ausgezahlte Überbrückungsgeld als einmalige Einnahme zu berücksichtigen sei.
Mit seiner Sprungrevision rügt der Kläger die Verletzung von § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II idF seit dem 01.04.2011. Rückwirkung auf den Monatsersten entfalte der Antrag auf Arbeitslosengeldes II nur, wenn zu diesem Zeitpunkt alle Leistungsvoraussetzungen vorlägen, was bei einem Ausschlusstatbestand wie nach § 7 Abs. 4 SGB II nicht gegeben sei.


Gericht/Institution:BSG
Erscheinungsdatum:28.10.2014
Entscheidungsdatum:28.10.2014
Aktenzeichen:B 14 AS 36/13 Rjuris

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Zu: SG Nürnberg - Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Folgeeinladungen der Jobcenter wegen einem Meldeversäumnis sind nichtig und unwirksam

sozialrechtsexperte: Nürnberg: Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Hier der Ausgang, wie er nicht anders zu erwarten war: Ausgang des Verfahrens S 10 AS 679/10 wegen Nichtigkeit von Meldeaufforderungen « Kritische Standpunkte Dazu Anmerkungen von Detlef Brock, Teammitglied des Sozialrechtsexperten: SG Nürnberg v. 14.03.2013 - S 10 AS 679/10 Eigener Leitsatz 1. Folgeeinladungen des Jobcenters wegen einem Meldeversäumnis sind - nichtig und unwirksam, weil  § 309 SGB III keine Rechtsgrundlage dafür ist, Hilfeempfänger die Pflicht zum Erscheinen zu einer Anhörung zu Tatbeständen einer beabsichtigen Sanktion aufzuerlegen. 2. Eine Folgeeinladung ist zu unbestimmt, weil der genannte Inhalt der Meldeaufforderung nicht als gesetzlicher Meldezweck im Sinne des Katalogs des § 309 Abs. 2 SGB III ausgelegt werden kann.

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe

Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 06.06.2011, - L 1 AS 4393/10 - Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden(BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R-; Rdnr. 4). Eine erneute Berücksichtigung scheidet auch dann aus, wenn eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft vorliegt und Einkommen eines nichtbedürftigen Mitglieds einem bedürftigen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet wird. https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144213&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive = Anmerkung: 1. Vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger ist ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, gemäß § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II als Pauschbetrag abzusetzen (§ 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-V ). Diese Pauschale in Höhe von 30 Euro ist