Das SG Aachen hat entschieden, dass sich die zu leistende
Zuzahlung gesetzlich Krankenversicherter bei Arzneimitteln, die in einer
verordneten Großpackung nicht lieferbar sind und zulässig in mehreren
kleineren Packungen von der Apotheke abgegeben, nach der Anzahl und
Größe der tatsächlich abgegeben Packungen richtet und nicht nach der
ursprünglich verordneten Packungsgröße.
Gesetzlich Versicherte leisten zu den verordneten Arzneimitteln
eine Zuzahlung. Deren Höhe beträgt 10% des Abgabepreises, mindestens 5
Euro, höchstens 10 Euro, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des
Mittels. Das SG Aachen hatte darüber zu entscheiden, welche Zuzahlung
ein Versicherter zu leisten hat, wenn das Arzneimittel in der
verordneten Packungsgröße nicht lieferbar ist und er deshalb mehrere
kleinere Packungen desselben Medikamentes erhält. Geklagt hatte die
Inhaberin einer Apotheke. Dort hatte im Dezember 2012 ein Versicherter
der beklagten gesetzlichen Krankenkasse eine am selben Tag ausgestellte
vertragsärztliche Verordnung verschreibungspflichtiger Arzneimitteln
vorgelegt. Unter anderem war das Arzneimittel "Atmadisc 50/250 Diskus
PUL" in einer Großpackung N3 (3x60 Stück) verschrieben worden. Die
3er-Packung des Arzneimittels war in der Apotheke nicht vorrätig und
überdies weder seitens des Pharmagroßhandels noch seitens des
Herstellers lieferbar. Da der Versicherte das Medikament umgehend
benötigte, gab die Apotheke anstelle der rezeptierten Packungsgröße drei
Einzelpackungen (N1) an den Versicherten ab. Am Abgabetag hätte der
Apothekenabgabepreis für das Arzneimittel Atmadisc in der Großpackung
(N3) 150,05 Euro, der Zuzahlungsbetrag für den Versicherten 10 Euro
betragen. Für die Einzelpackung (N1) betrug der Apothekenabgabepreis
56,62 Euro; daraus errechnete sich ein Zuzahlungsbetrag 5,66 Euro, für
die drei abgegebenen Einzelpackungen also zusammen 16,98 Euro. Die
Klägerin forderte von dem Versicherten jedoch nicht diesen
Zuzahlungsbetrag, sondern lediglich den Zuzahlungsbetrag, der für die
verordnete Großpackung i.H.v. 10 Euro angefallen wäre. Nach Prüfung der
Abrechnung beanstandete das Abrechnungszentrum die Rezeptabrechnung der
Apotheke; es teilte ihr mit, sie habe den um 6,98 Euro höheren
Zuzahlungsbetrag von dem Kunden einbehalten müssen. Dieser Betrag wurde
bei der nächsten Abrechnung abgezogen (retaxiert). Hiergegen erhob die
Apotheke Klage vor dem SG Aachen. Sie meinte, die Zuzahlungspflicht des
Versicherten beziehe sich auf die verordnete Arzneimittelpackung; der
Kunde dürfe bei Lieferschwierigkeiten nicht durch höhere Zuzahlungen
belastet werden.
Das SG Aachen hat die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Sozialgerichts war die Apotheke berechtigt, drei Einzelpackungen der nächst kleineren Größe – hier: N1 – abzugeben, weil das verordnete Arzneimittel in der Packungsgröße N3 nicht lieferbar war. Sie hätte aber den dafür anfallenden – höheren – Zuzahlungsbetrag von dem Versicherten einbehalten müssen. Die Höhe der Zuzahlung richte sich nach dem "Abgabepreis"; dies ist der Apothekenabgabepreis je tatsächlich abgegebener Packung. Insofern seien die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften eindeutig und nicht im Sinne der Klägerin auslegbar. Auch der Verdienst der Apotheke richte sich nach den abgegebenen Packungen; die Apotheke erhalte je abgegebener Packung bestimmte Festzuschläge (im Jahre 2012: 3% auf den Netto-Einkaufspreis plus 8,10 Euro plus Umsatzsteuer). Dementsprechend habe die Apotheke auch ihren Vergütungsanspruch für die drei abgegebenen und nicht für die eine rezeptierte Packung geltend gemacht. Die Auffassung der Klägerin, das Problem von Lieferschwierigkeiten seitens der pharmazeutischen Unternehmer sei zu Gunsten der Versicherten auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung zu lösen, lasse sich weder aus dem Wortlaut der insoweit einschlägigen gesetzlichen Regelungen noch aus deren gesetzgeberischem Sinn und Zweck herleiten. Die Vermeidung einer Belastung gesetzlich Versicherter, die dadurch entstehe, dass bei Arzneimittellieferschwierigkeiten ein erhöhter Zuzahlungsbetrag anfalle, könne nur durch den Gesetzgeber erfolgen.
Das Urteil des SG Aachen ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil ist die Berufung zum LSG Essen oder die Sprungrevision an das BSG zulässig.
juris
Das SG Aachen hat die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Sozialgerichts war die Apotheke berechtigt, drei Einzelpackungen der nächst kleineren Größe – hier: N1 – abzugeben, weil das verordnete Arzneimittel in der Packungsgröße N3 nicht lieferbar war. Sie hätte aber den dafür anfallenden – höheren – Zuzahlungsbetrag von dem Versicherten einbehalten müssen. Die Höhe der Zuzahlung richte sich nach dem "Abgabepreis"; dies ist der Apothekenabgabepreis je tatsächlich abgegebener Packung. Insofern seien die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften eindeutig und nicht im Sinne der Klägerin auslegbar. Auch der Verdienst der Apotheke richte sich nach den abgegebenen Packungen; die Apotheke erhalte je abgegebener Packung bestimmte Festzuschläge (im Jahre 2012: 3% auf den Netto-Einkaufspreis plus 8,10 Euro plus Umsatzsteuer). Dementsprechend habe die Apotheke auch ihren Vergütungsanspruch für die drei abgegebenen und nicht für die eine rezeptierte Packung geltend gemacht. Die Auffassung der Klägerin, das Problem von Lieferschwierigkeiten seitens der pharmazeutischen Unternehmer sei zu Gunsten der Versicherten auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung zu lösen, lasse sich weder aus dem Wortlaut der insoweit einschlägigen gesetzlichen Regelungen noch aus deren gesetzgeberischem Sinn und Zweck herleiten. Die Vermeidung einer Belastung gesetzlich Versicherter, die dadurch entstehe, dass bei Arzneimittellieferschwierigkeiten ein erhöhter Zuzahlungsbetrag anfalle, könne nur durch den Gesetzgeber erfolgen.
Das Urteil des SG Aachen ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil ist die Berufung zum LSG Essen oder die Sprungrevision an das BSG zulässig.
Gericht/Institution: | SG Aachen |
Erscheinungsdatum: | 05.11.2013 |
Entscheidungsdatum: | 22.10.2013 |
Aktenzeichen: | S 13 KR 223/13 |
Ich hatte schon mal den umgekehrten Fall - die verordnete Kleinpackung (N1) war nicht vorrätig und ich habe stattdessen eine halbe Großpackung (N2) bekommen.
AntwortenLöschenDie Apotheke hat mir trotzdem eine Zuzahlung von 5€ abgeknüpft.
Durften die das oder hätten die (analog zum obigen Fall) die Zuzahlung für eine halbe N2-Packung berechnen müssen?
Wenn ja, dann wird es jetzt interessant, denn dann könnte man die Zuzahlung drücken, indem man sich immer nur halbe Großpackungen geben lässt.