Weniger als drei Euro Stundenlohn für die
Arbeit in einem Computerladen oder beim Pizzaservice – solche
Hungerlöhne sind in Brandenburg kein Einzelfall. Die Jobcenter prüfen in
mehreren Hundert Fällen eine Klage, denn sie müssen Niedrigstlöhne
meist bis zum Hartz-IV-Satz aufstocken.
Lohndumping auf Staatskosten verstößt gegen
die Gesetze, sagt Olaf Möller, Sprecher der Regionaldirektion
Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit. „Sittenwidrig ist ein
Lohn, wenn weniger als zwei Drittel des Tariflohns oder des ortsüblichen
Lohns gezahlt wird“, erklärt Möller. Zwei Fälle wurden bereits vor
Gericht im Sinne der Jobcenter entschieden (MAZ berichtete).
In der Uckermark hatte ein Pizzaservice einem
Beschäftigten nur 1,59 Euro pro Stunde gezahlt, bei einem
Computerhändler in Lübben (Oberspreewald-Lausitz) waren es 2,84 Euro.
Beide Firmen müssen den Lohn erhöhen und von den Jobcentern gezahlte
Leistungen zurückzahlen. Im Bereich der Arbeitsagentur Cottbus gibt es
acht offene Klagefälle, die Arbeitsagentur Potsdam brachte fünf Fälle
vor Gericht, alle noch ohne Entscheidung. Aber die Klagen sind nur die
Spitze des Eisbergs, so Möller. In den meisten Fällen komme es zu einer
Einigung außerhalb des Gerichts. So wurden in den Jobcentern der
Arbeitsagentur Potsdam schon etwa 100 Fälle von Niedriglöhnen weit unter
fünf Euro geprüft. „Der niedrigste Lohn liegt bei unter zwei Euro“,
erklärt Sprecherin Isabel Wolling. Häufig handele es sich um Minijobs
auf 450-Euro-Basis mit hoher Stundenzahl. In elf Fällen ist es bereits
zu einer außergerichtlichen Einigung gekommen. Dabei wurden 32.500 Euro
eingetrieben.
Im Landkreis Uckermark sieht man durch die
Klagewelle eine größere Bereitschaft der Unternehmen, höhere Löhne zu
zahlen. „Es wird einfacher für unsere Mitarbeiter im Jobcenter, die
Firmen zu überzeugen“, sagt Ramona Fischer, Sprecherin des Kreises.
Die Grenze für sittenwidrige Löhne ist für
jeden Beruf eine andere. Helfer an der Tankstelle etwa bekommen laut
Tarif 6,41<TH>Euro pro Stunde. Zwei Drittel dieses Betrags sind
4,20 Euro. Diesen Stundenlohn muss auch ein tarifungebundener
Tankstellenpächter zahlen. Ähnlich hoch liegt die Schwelle im
Gastgewerbe, im Einzelhandel sind dagegen mindestens 7,03 Euro fällig.
Noch etwas anders ist die Lage in Branchen, in
denen allgemein verbindliche Mindestlöhne festgesetzt wurden.
Pflegekräfte erhalten acht Euro pro Stunde, Bauarbeiter mindestens 10,25
Euro. Diese Grenze gilt unmittelbar. Der Zoll geht bei Verstößen mit
Bußgeldern gegen die Firmen vor.
Von Ulrich Nettelstroth
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