Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Jugendamt eingreifen darf,
wenn ein elfjähriger Junge nicht zur Schule geht und die Eltern die
Schulunlust ihres Kindes akzeptieren.
Die Eltern könnzen zur Unterstützung eines Schulbesuchs ihres Kindes verpflichtet werden, so das Oberlandesgericht.
Der heute elfjährige Junge wohnt bei seinen 49 und 51 Jahre alten
Eltern im Kreis Warendorf. Er ist das jüngste Kind der Familie. Im
Alter von sieben Jahren eingeschult, fehlte der Junge bereits im ersten
Schuljahr an über 40 Tagen in der örtlichen Grundschule, von der ihn die
Eltern im Jahre 2010 abmeldeten. In den nächsten Jahren besuchte er
zwei weitere Grundschulen, an denen er nur wenige Tage blieb. Ein im
Jahre 2012 unternommener Versuch, das Kind durch Lehrkräfte zu Hause zu
beschulen, um eine Wiedereingliederung in eine Schule vorzubereiten,
scheiterte. Der Junge wird zurzeit durch seine Mutter, von Beruf
Informatikerin, unterrichtet und verfügt über einen altersgerechten
Wissenstand. In der Vergangenheit lehnten es die Eltern ab, den Jungen
gegen seinen Willen auf eine öffentliche Schule zu schicken.
Das OLG Hamm hat den Eltern das Recht zur Regelung der
schulischen Angelegenheiten entzogen und dieses dem zuständigen
Jugendamt übertragen. Dabei hat er davon abgesehen, das Kind aus dem
elterlichen Haushalt herauszunehmen und die Eltern verpflichtet, dafür
zu sorgen, dass der Junge der Schulpflicht nachkommt und ihn zum
Schulbesuch zu motivieren.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist das geistige und
seelische Wohl des Kindes trotz des altersgerechten Wissensstandes
gefährdet. Im Hinblick auf die Weigerung des Kindes, zur Schule zu
gehen, hätten die Eltern in der Erziehung versagt. Das bestätige das
Gutachten des im Verfahren gehörten Sachverständigen. Zurzeit setzten
die Eltern dem Kind keine Grenzen und Regeln, Pflichten seien diesem
unbekannt. Da die Eltern die Schulpflicht des Kindes nicht akzeptierten
und es in seiner Schulunlust förderten, würden dem Jungen die
Bildungsinhalte einer weiterführenden Schule vorenthalten. Die Mutter
werde trotz ihrer Ausbildung nicht in der Lage sein, sämtliche
Lerninhalte einer weiterführenden Schule adäquat zu vermitteln. Ein
Schulbesuch solle Kindern auch die Gelegenheit verschaffen, in das
Gemeinschaftsleben hineinzuwachsen. Soziale Kompetenzen könnten
effektiver eingeübt werden, wenn Kontakte mit der Gesellschaft nicht nur
gelegentlich stattfänden, sondern Teil einer mit einem regelmäßigen
Schulbesuch verbundenen Alltagserfahrung seien. Der in der Familie gut
integrierte Junge könne zumindest vorerst im familiären Umfeld bleiben,
deswegen sei den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zu
belassen. Zu entziehen sei ihnen aber das Recht zur Regelung seiner
schulischen Angelegenheiten, weil sie nicht Willens und in der Lage
seien, die Schulpflicht durchzusetzen. Mit den erteilten Auflagen würden
die Eltern angehalten, künftige Versuche, die Schulverweigerungshaltung
des Jungen aufzulösen, zu unterstützen.
Der Beschluss ist rechtskräftig.
Quelle: juris
Gericht/Institution: | OLG Hamm |
Erscheinungsdatum: | 26.08.2013 |
Entscheidungsdatum: | 12.06.2013 |
Aktenzeichen: | 8 UF 75/12 |
Der Beschluss ist zwar rechtskräftig, doch haben die Eltern und der Junge Verfassungsbeschwerde erhoben. Das OLG Hamm hat offenbar die Bedeutung der staatlichen Wächterfunktion in Bezug auf das elterliche Erziehungsrecht nicht ganz verstanden. Erst bei Missbrauch darf und muss der Staat eingreifen! Bei der Notwendigkeit des Besuchs einer öffentlichen Schule sind auch Experten unterschiedlicher Meinung, in vielen europäischen Ländern ist Hausunterricht problemlos möglich, da kann der Hausunterricht des Jungen unmöglich unzweifelhaft Missbrauch sein! Außerdem: Wie verhält sich die Schulpflicht zu den Grundrechten des Kindes? Die Schulpflicht ist im Grundgesetz jedenfalls nicht legitimiert.
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