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Wegen des Antragserfordernisses nach § 37 SGB II kann ein Anspruch auf Wohnungserstausstattung nur in Bezug auf diejenigen Gegenstände bestehen, die nach der Antragstellung angeschafft worden sind

Landessozialgericht Hamburg,Urteil vom 15.03.2012,- L 4 AS 40/09 -

Denn ein Bedarf an Erstausstattung war insoweit – nämlich hinsichtlich der vor dem 19. Februar 2008 angeschafften Erstausstattung – bereits deshalb entfallen, weil die Eltern des Klägers insoweit die Anschaffungen bereits getätigt hatten, bevor der Beklagte überhaupt Gelegenheit zur Kostenübernahme bekam.


Mit der Sachzuwendung war der Bedarf gedeckt, und es war den Eltern des Klägers angesichts der zeitlichen Reihenfolge von Anschaffung und Antragstellung auch nicht darum gegangen, eine rechtswidrig vom Grundsicherungsträger abgelehnte Leistung eben wegen der Ablehnung bis zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes zu substituieren (vgl. BSG, Urt. v. 20.12.2011 - B 4 AS 46/11 R).



 Das hätte den Grundsicherungsträger nicht von seiner Leistungsverpflichtung entbunden; so liegt der Fall hier aber gerade nicht.


Die Eltern des Klägers haben auch nicht lediglich darlehnsweise geholfen; eine Rückgewährverpflichtung des Klägers ist zu keinem Zeitpunkt vorgetragen worden und auch nicht sonstwie ersichtlich. Vielmehr hat der Kläger in der Klagschrift vorgetragen, dass seine Eltern die Anschaffungskosten bevorschusst hatten und den Erstattungsbetrag des Beklagten erhalten wollten. Darin ist keine Darlehnsabrede zu sehen.

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=150478&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



Anmerkung von Willi 2: BSG, Urteil vom 20.12.2011, -B 4 AS 46/11 R -



Geldzuwendungen der Eltern sind kein zu berücksichtigendes Einkommen,denn durch die Zuwendungen der Eltern ist die rechtswidrig vom Grundsicherungsträger abgelehnte Leistung bis zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes substituiert worden.




Aus dem Wortlaut des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II folgt zwar keine weitergehende Definition dessen, was Einkommen ist.


Lediglich die im zweiten Satzteil genannten Leistungen sind von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen. Mit der bisherigen Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenhilfe (BSGE 58, 160 = SozR 4100 § 138 Nr 11; SozR 4100 § 138 Nr 25) und des BVerwG zum Einkommensbegriff im Wohngeldrecht (stRspr seit BVerwGE 54, 358; BVerwGE 69, 247) kann auch im Anwendungsbereich des § 11 Abs 1 SGB II nach Sinn und Zweck der Norm eine von einem Dritten lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung jedoch nicht als Einkommen qualifiziert werden.



 Nur der "wertmäßige Zuwachs" stellt Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II dar; als Einkommen sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dieser Zuwachs muss dem Leistungsberechtigten zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit in Höhe der Zuwendungen dauerhaft entfallen.


Insoweit ist nach der bisherigen Rechtsprechung der beiden Grundsicherungssenate des BSG im Hinblick auf die Qualifizierung von Zuwendungen Dritter als Einkommen zu unterscheiden zwischen a) Geldzahlungen oder Sachleistungen, die einem SGB II-Leistungsberechtigten zum endgültigen Verbleib zugewendet werden, b) einem Darlehen, das mit einer Rückzahlungsverpflichtung im Sinne des BGB gegenüber dem Darlehensgeber belasteten ist und c) Zuwendungen Dritter, die eine rechtswidrig vom Grundsicherungsträger abgelehnte Leistung eben wegen der Ablehnung bis zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes substituieren sollen.



Letztere stellen kein Einkommen im Sinne der eingangs dargelegten Definition des Einkommensbegriffs dar und entbinden den Grundsicherungsträger nicht von seiner Leistungsverpflichtung.

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