Direkt zum Hauptbereich

Bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit dürfen bezogen auf zukünftige Zeiträume Schätzungen vorgenommen werden, soweit die betreffenden Bescheide unter den Vorbehalt der Vorläufigkeit gestellt werden.

So urteilte das Sozialgericht Stade, mit  Beschluss vom 08.08.2011, - S 28 AS 510/11 ER - .

Maßgeblich für die Prognose sind die bis zum Ab-schluss des Verwaltungsverfahrens bekannten und erkennbaren Umstände und die An-gaben des Antragstellers im Leistungsantrag. Es ist insoweit die Obliegenheit eines Hilfe-suchenden, anhand bisheriger betriebswirtschaftlicher Aufzeichnungen oder betriebswirt-schaftlicher Vorausschauen, die voraussichtliche Einnahme- und Ausgabesituation glaubhaft zu machen (vgl. BSG, Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.04.2011 - L 13 AS 106/11 B ER -; Bayerisches LSG, Beschluss vom 25.08.2008 - L 11 B 560/08 AS ER - ; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.11.2010 - L 5 AS 200/10 B ER - ).

Bei schwankendem Einkommen ist der Grundsicherungsträger berechtigt, ein fiktives Einkommen auf Grundlage einer vorläufigen Durchschnittsberechnung anzurechnen. Zur Wahrung einer Bedarfsdeckung ist dabei darauf zu achten, dass der Durchschnittsbetrag nicht zu hoch angesetzt wird. Der Anspruch auf kontinuierliche Gewährleistung des Exis-tenzminimums schließt die Notwendigkeit ein, bei Festsetzung des prospektiv geschätz-ten Abzugsbetrages restriktiv zu verfahren; insbesondere gibt es kein schützenswertes Interesse des Grundsicherungsträgers über Sicherheitszuschläge einer Überzahlung vor-zubeugen (vgl. SG Berlin, Beschluss vom 28.11.2007 - S 37 AS 29104/07 ER - ).


Anmerkung : Schließlich ändert der Umstand, dass der Antragsteller - nach seinen eigenen Aufstellun-gen - rückblickend im Juni 2011 tatsächlich lediglich einen Gewinn von 162,74 EUR erzielt hat, nichts daran, dass sich die vorab getroffene Ermessensentscheidung des Antrags-gegners über die vorläufige Bewilligung von Leistungen als rechtmäßig darstellt. Die vor-gebrachten neuen Tatsachen können die Prognose des Beklagten nicht erschüttern, da sie die Richtigkeit der ursprünglichen Prognose nicht widerlegen (vgl. BSG, Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R -).

Die tatsächlichen Zahlen werden bei der endgültigen Leistungsbewilligung zu berücksichtigen sein.

Vgl. dazu auch " Die Anrechnung von Einkommen Selbstständiger nach § 3 der neuen ALG II-Verordnung (Fassung 1.1.2009)" in ZFSH /SGB 01/2009 - Seite 9 ff. "

Wirkt der Antragssteller nicht mit- EKS Abgabe- , darf der ALG II-Träger die zustehenden ALG-II-Leistungen abschließend auf der Grundlage einer bloßen Schätzung bewilligen.

Der Antragssteller ist vorher anzuhören. Eine hinreichende Anhörung erfordert Angaben dazu, in welchr Höhe der SGB-II-Träger die Einnahmen zu schätzen gedenkt.

Die gewonnenen Schätzergebnisse müssen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein und der tatsächlichen Situation möglichst nahe kommen und bei Bedarf ist dem Selbständigen eine längere Frist->2Monate- zum Nachweis der erwirtschafteten Einnahmen zu gewähren.

Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Zu: SG Nürnberg - Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Folgeeinladungen der Jobcenter wegen einem Meldeversäumnis sind nichtig und unwirksam

sozialrechtsexperte: Nürnberg: Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Hier der Ausgang, wie er nicht anders zu erwarten war: Ausgang des Verfahrens S 10 AS 679/10 wegen Nichtigkeit von Meldeaufforderungen « Kritische Standpunkte Dazu Anmerkungen von Detlef Brock, Teammitglied des Sozialrechtsexperten: SG Nürnberg v. 14.03.2013 - S 10 AS 679/10 Eigener Leitsatz 1. Folgeeinladungen des Jobcenters wegen einem Meldeversäumnis sind - nichtig und unwirksam, weil  § 309 SGB III keine Rechtsgrundlage dafür ist, Hilfeempfänger die Pflicht zum Erscheinen zu einer Anhörung zu Tatbeständen einer beabsichtigen Sanktion aufzuerlegen. 2. Eine Folgeeinladung ist zu unbestimmt, weil der genannte Inhalt der Meldeaufforderung nicht als gesetzlicher Meldezweck im Sinne des Katalogs des § 309 Abs. 2 SGB III ausgelegt werden kann.

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe

Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 06.06.2011, - L 1 AS 4393/10 - Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden(BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R-; Rdnr. 4). Eine erneute Berücksichtigung scheidet auch dann aus, wenn eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft vorliegt und Einkommen eines nichtbedürftigen Mitglieds einem bedürftigen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet wird. https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144213&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive = Anmerkung: 1. Vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger ist ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, gemäß § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II als Pauschbetrag abzusetzen (§ 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-V ). Diese Pauschale in Höhe von 30 Euro ist